Balanced Scorecard

Kanzlei strategisch führen: Erfolgsmodell Balanced Scorecard

Rechtsanwalt Dr. Stefan Ricke, MBA  /  Manuel Dronia, LL.B., LL.M.

Das strategische Führungsinstrument der Balanced Scorecard spielt für kleine und mittlere Kanzleien der Rechtsberatungsbranche bislang kaum eine Rolle. Allerdings hat der Wandel des Rechtsberatungsmarktes von einem Verkäufermarkt zu einem Käufermarkt durch ein Überangebot an Beratern, inzwischen fast 160.000 Rechtsanwälte in Deutschland, auch hier zu neuem Denken geführt. In Wirtschaftsprüfungs-, Steuerberatungs- und Groß-Kanzleien wird die Balanced Scorecard bereits erfolgreich eingesetzt.

(Dieser Aufsatz ist erschienen im Berliner Anwaltsblatt Ausgabe 11/2012.)

 

 

1. Steuerung von Unternehmen in gesättigten Märkten

Bis Anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts nutzten Unternehmen als Instrument der Unternehmenssteuerung hauptsächlich Kennzahlen, die sich auf die Überprüfung der finanziellen Lage des Unternehmens beschränkten.Als neues Instrument der Unternehmensführung und -kontrolle wurde von Robert S. Kaplan und David P. Norton im Jahre 1992 die von diesen so bezeichnete Balanced Scorecard zur Steuerung von Unternehmen in gesättigten Märkten entwickelt, welche zum einen strategisches Denken operationalisierte, zum anderen einen umfassenden Überblick über die wesentlichen Aspekte einer Unternehmung gewährleistete, ohne sich hierbei auf den rein finanziellen Aspekt zu beschränken.

2. Das Konzept der Balanced Scorecard

Dieses in Großunternehmen sehr erfolgreich eingesetzte Führungsinstrument ist ein Tool zur strategischen Unternehmensführung, das das Unternehmen aus verschiedenen Perspektiven betrachtet, nämlich nicht nur aus der sogenannten „harten“ Finanz-Perspektive, sondern auch aus den „weichen“ Perspektiven.

„Weiche“ Unternehmensperspektiven sind typischerweise die Geschäftsprozess-Perspektive, die Potential-Perspektive und die Kunden-Perspektive. Gegebenenfalls wird das Unternehmen auch aus einer oder mehreren weiteren Perspektiven, die für das Unternehmen erfolgskritisch sind, betrachtet. Somit ermöglicht die Balanced Scorecard die ganzheitliche Betrachtung des Unternehmens. Der Begriff „Balanced“ steht für diese ganzheitliche Betrachtung.

Das Besondere der Balanced Scorecard ist, dass auch auf diesen „weichen“  Unternehmensperspektiven „harte“ Kennzahlen – in Form von Leistungstreibern und Ergebniskennzahlen – eingesetzt werden, welche –  übersichtlich zusammengestellt – einen guten Überblick über die verschiedenen Unternehmensperspektiven geben. Für diese übersichtliche Zusammenstellung von Leistungstreibern und Ergebniskennzahlen zur Steuerung der zu ergreifenden Maßnahmen und Einzel-Aufgaben steht der Begriff „Scorecard“. Eine „Scorecard“ bezeichnet herkömmlich einen Berichtsbogen betreffend die Ergebnisse eines sportlichen Wettkampfes.

Um die Leistungstreiber und Ergebniskennzahlen bestimmen zu können, muss klar sein,

  • auf welche Vision hin die Kanzlei steuert bzw. ausgerichtet bzw. fokussiert ist (Welches Ziel will die Kanzlei erreichen?),
  • welche Mission die Kanzlei im Wettbewerbsumfeld hat (Warum will die Kanzlei das Ziel erreichen?),
  • welches Werte-System die Kanzlei sich auferlegt (An welchen Werten orientiert sich die Kanzlei?),
  • welche Strategie die Kanzlei verfolgt (Wie erreicht die Kanzlei ihre Ziele?).

Sind Vision, Mission, Werte-System und Strategie verbindlich festgelegt, können auf den einzelnen Unternehmensperspektiven aus dem Gesamt-Unternehmensziel heraus Sub-Ziele (sogenannte kritische Erfolgsfaktoren) und Kennzahlen abgeleitet werden.

Die grundsätzlich zu verfolgenden Sub-Ziele sind:

  • zufriedene Shareholder auf der Finanz-Ebene,
  • effektive Geschäftsprozesse auf der Geschäftsprozess-Ebene,
  •  gut ausgebildete und hoch motivierte Mitarbeiter auf der Potential-Ebene,
  • begeisterte Stakeholder auf der Kunden-Ebene.


3. Implementierung der Balanced Scorecard

Typischerweise erfolgt die Implementierung der Balanced Scorecard durch entsprechend angepasste Excel-Tools, gegebenenfalls in Kombination mit dem Aufgabenmanagement von Outlook, zur kontinuierlichen Steuerung der zu ergreifenden Kanzlei-Verbesserungsmaßnahmen.

Auf diese Weise steht dem Kanzlei-Inhaber ein System zur Verfügung, welches konkrete Planvorgaben für die kritischen Erfolgsfaktoren abbildet. Dadurch wird der Rechtsanwalt über den jeweils aktuellen Soll- und Ist-Zustand seiner Kanzlei  unterrichtet. Abweichungen von seiner Kanzlei-Vision werden auf diese Weise transparent gemacht. Erforderliche Korrektur-Maßnahmen können frühzeitig ergriffen werden, um die Kanzlei auf ihre Vision hin auszusteuern.

 

Rechtsanwalt Dr. Stefan Ricke, MBA, ist Fachanwalt für Informationstechnologierecht in Berlin und bietet Seminare und Einzel-Beratungen zur Implementierung der Balanced Scorecard in Anwaltskanzleien an.

 

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